Engel und Elektronen

Erzähler

Sie möchten sicher wissen, worum es in dieser Geschichte geht. Ich werde Sie Ihnen erzählen, das mache ich sehr gerne, das müssen Sie mir glauben! Dass Sie mir glauben, das ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass ich …, nein! Das darf ich ja jetzt noch gar nicht verraten. Halt! Jetzt muss ich kurz überlegen, wie ich es sage. Nun, dies ist also eine Familiengeschichte, die ich auf meine Weise erzähle, denn ich habe nicht so viel Erfahrung. Ich werde auch gelegentlich eingreifen und erklären, was hier so passiert, denn es ist eine sehr lange Geschichte. Die Geschichte über die Familie Engel.

Meine Geschichte beginnt jedoch mit Gerlinde Breitfuß, geborene Rotbusch, und Horst Breitfuß, das sind die Eltern von Anuschka. Zu dem Zeitpunkt, als Anuschka das helle Licht des Krankenhauses erblickte, war ihre Welt, nein, ich muss mich korrigieren, war die Welt ihrer Eltern keineswegs in Ordnung. Ihre Mutter und ihr Vater waren, wie soll ich sagen, ach, sehen Sie selbst ...

 

 

 

 

 

Gerlinde

 

Du tauchst hier einfach auf, wann und wie

es dir gefällt und du fragst mich nie,

wie es mir geht! All die schlaflosen

Nächte! Geschrei und volle Hosen,

ich meine die Windeln, und Stillen!

Ich würde gern mal wieder chillen!

 

 

 

 

 

Horst

 

 

Gerlinde, auch ich liebe mein Kind,

du bist jetzt ungerecht, wie ich find´, 

ich bin der beste Vater der Welt!

Das Problem ist nur, ich hab kein Geld.

 

 

 

 

 

 

Gerlinde

 

Gerlinde

 

 

Lügner! Was ich in deinem Gesicht

 

sehe, ist schamlos, glaube bloß nicht,

 

dass ich von dir abhängig bin, nein!

 

Ich nehme jede Arbeit an, mein

 

Leben für mein einziges Kind!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Horst

 

 Horst

 

 

 

 

Wie schön, dass wir uns da einig sind!

 

 

 

Horst

 

Horst

 

 

 

 

 

Gerlinde, deswegen bin ich hier.

 

Ich nehme Anuschka mit zu mir!

 


 

Gerlinde

 

Horst, sprichst du im Fieber, ist dir schlecht?

 

 

Horst

 

Nein! Aber es ist dein gutes Recht,

 

dich zu verwirklichen! Du brauchst Zeit

 

für Freunde, Hobbys, deine Arbeit!

 

Das Kind wird fortan bei mir leben,

 

was sie braucht, das kann ich ihr geben!

 

Ich nehm sie mit zu mir nach Hause,

 

so hast du die verdiente Pause …

 


 

 

 

Gerlinde

 

 

 

 

Du kriegst nur deinen Namen zurück,

 

mehr nicht! Na gut, ich wünsche dir Glück!

 

Erzähler

Also, Sie ahnen es, Gerlinde und Horst waren zu diesem Zeitpunkt in ihrer Scheidungsphase. Denn wie soll ich es sagen, dieser Stern, so heißt es doch, dieser gute Stern, der über so mancher Beziehung steht, der hat sich bei den beiden nie gezeigt. Wobei, es hatte ihn vermutlich nie gegeben! Es gibt einfach diese Menschen, die ohne Stern aufeinandertreffen, in einer höchst komplizierten Form miteinander leben, ein Kind bekommen und sich dann in einer noch komplizierteren Form wieder voneinander trennen. Soweit das mit einem gemeinsamen Kind überhaupt möglich ist. Aber wo ist eigentlich die kleine Anuschka? Ach, da läuft sie ja.

Erzähler

Nun, Gerlinde und Horst ließen sich also scheiden. Und sie lebten ihre komplizierte Beziehung weiter in allen Fragen und Angelegenheiten, die nun das Kind betrafen. Sie wurden sich weiterhin nicht einig, in keiner Frage, in keiner Angelegenheit. Nicht über die Schlafenszeiten, nicht über die Auswahl von Spielzeug, nicht über die Kleidung. Sie wurden sich nicht einig, bei wem Anuschka welche Feiertage verbringen sollte und welcher Urlaub gut für sie war.

Gerlinde

 

Sie wird dort krank, da ist zu viel Wind!

 

Horst

 

 

Der Wind am Meer ist gut für das Kind!

 


Erzähler

Und Sie sehen, mittlerweile ist die kleine Anuschka natürlich auch älter geworden, wobei sie da am Meer ja ganz schön eingepackt ist. Ich kann Ihnen an dieser Stelle versichern, dass sie auch sehr gesund war. Das lag natürlich auch an der Ernährung, wobei, Sie können sich vorstellen, dass sich Horst und Gerlinde auch in der Ernährung niemals einig wurden ...

 

Gerlinde

 

 

Frisches Gemüse einmal am Tag,

viel Obst, Äpfel, Bananen, sie mag

auch Kirschen, nur die Nektarine

schmeckt ihr nicht. Hab ich Proteine

schon genannt? Nein! Wichtig ist Eiweiß!

 

Horst begreift nicht, was jeder Mensch weiß:

 

Ein Kind muss sich gesund ernähren!

 

 

Großeltern von Horst

 

Da hat sie recht! Wenn wir nicht wären,

 

 


 

 

 

 

 

 

 

Großmutter von Horst

 

dann würde Anuschka jeden Tag

Nudeln essen mit Horst und ich mag

gerne kochen für die zwei. Wir sind

die Großeltern von Horst. Schon als Kind

hat er bei uns sehr viel Zeit verbracht,

das war schön, wir haben viel gelacht.

Seine Eltern hatten Arbeiten

im Schichtdienst zu allen Uhrzeiten.

Er wurde verwöhnt von uns - ja schon -

als unser einziger Enkelsohn.

Doch um uns gehts ja nicht, wir tauchen

nicht mehr auf, es sei denn, Sie brauchen

Informationen zum Verstehen.

Tschüss dann, war nett, Sie mal zu sehen!

Erzähler

Nun haben Sie also auch die Großeltern von Horst kennengelernt und ein wenig über ihn erfahren. Ach, die Gerlinde, ja, ich verspreche, ich werde ehrlich sein, wenn es um die Gerlinde geht, später. Und ich werde die Wahrheit sagen, aber das dauert noch, denn etwas Wichtiges hätte ich jetzt fast vergessen: Es gab tatsächlich doch eine Sache, in der sich Gerlinde und Horst einig waren, ohne dass es zu einer Komplikation kam. Das war der Name! Also dass Anuschka auf keinen Fall Breitfuß heißen sollte, da waren sie sofort einer Meinung. Gerlinde und Horst wollten ihr Kind so auf jeden Fall vor wahrscheinlichen Hänseleien bewahren …

 

 

 

 

Gerlinde und Horst

 

Sie heißt Rotbusch, ja, das ist richtig,

 

ihre Psyche ist uns sehr wichtig!

Erzähler

Und das meinten die beiden auch ganz ehrlich und aufrichtig und von Herzen. Das kann ich Ihnen versichern! Vielleicht fragen Sie sich an dieser Stelle aber auch, wie es der kleinen Anuschka eigentlich so erging und wo sie die meiste Zeit verbrachte. Nun, sie war doch eher sehr selten bei den Großeltern von Horst, das Alter, Sie verstehen! Und Horst und Gerlinde waren für sie da, aber auch sehr beschäftigt mit all ihrem Leben drumherum.

Dolores

 

 Ganz ehrlich! Das ist eine Frage

 der Einstellung, was ich auch sage,

 wenn ich mit Gerlinde spreche. Sie

 haben genauso viel Zeit wie die

 anderen Menschen auf der Erde,

 vom Grundsatz her! Vermutlich werde

 ich das später mal erläutern, wie

 ich die Zeiterfindung sehe, die

 unser Leben bestimmt. Nur heute

 gehts um Anuschka, liebe Leute,

 Gerlinde und Horst sind so richtig -

 ne, ich find keine Worte. Wichtig

 ist ja auch, wie es Anuschka geht!

 Oh, wir wollen frühstücken, sie steht

 da schon und wartet. Heute machen

 wir Picknick, sie muss jetzt schon lachen.


Erzähler

Ja, das war die Künstlerin Dolores! Sie möchten jetzt verständlicher Weise etwas über Dolores erfahren. Nun, sie war eine Nachbarin von Gerlinde mit einem kleinen Atelier und stets geöffneter Tür. Nein, so stimmt es nicht ganz, ich möchte sagen, mit stets geöffneter Tür für Menschen, die sie mochte! Und die kleine Anuschka war ein Mensch, den sie von ihrer ersten Begegnung an ganz besonders, wobei, das war irgendwie anders. Es war wie ... Ich finde nicht die richtigen Worte. Dolores hat es so formuliert:

 

 

Dolores

 

Ich habe sofort Wärme gespürt,

 

etwas hat meine Seele berührt,

 

diese Verbundenheit mit Leben,

 

das neu und auch unverhofft neben

 

mir in Entwicklung ist, wie ein Bild

 

in der Entstehung, farbenfroh, wild.

 

Erzähler

Nun verstehen Sie vermutlich, dass ich nicht die richtigen Worte gefunden habe!

Dolores

 

Kindheit ist auf magische Weise

Inspiration - wie eine Reise

in das Leben über die Sinne.

Ich beobachte und beginne

mein Umfeld anders wahrzunehmen -

auch die Natur. Wir unternehmen

viele Ausflüge in Wälder und

durch Landschaften. Die Natur ist bunt,

wundersam in ihrer Dimension,

ich mein, jeder einzelne Farbton

entsteht doch ohne menschliches Tun -

wie von unsichtbaren Kräften, nun

wie soll ich sagen, hervorgebracht -

unbeeinflusst so wie Tag und Nacht.

Ziemlich phänomenal, finde ich

und es gibt noch viel mehr – vermutlich

werden wir nie alles erfassen!

Wenn wir unterwegs sind, dann lassen

die ganzen Erlebnisse in mir

Bilder reifen, die ich male, hier!


Erzähler

Und so verbrachte die kleine Anuschka die meiste Zeit ihrer Kindheit in dem bunten Leben von Dolores.

Und Gerlinde, die sagte dazu ...

 

Gerlinde

 

Dolores ist ein verrücktes Huhn!

Sie hat Ansichten vom Leben ..., nun,

sie lebt in ihrer eigenen Welt,

ich muss oft herzhaft lachen! Sie hält

Zeit für eine Erfindung! Na, hier

sind wir unter uns: Ich finde ihr

Leben chaotisch, aber manchmal

wünsche ich mir, ich hätte die Wahl,

Zeit auch so zu erleben, wie sie

es Anuschka möglich macht, denn die,

wie soll ich es sagen, Leichtigkeit

und selbst gewählte Form von Freiheit

zu leben ist bewundernswert! Doch

ich brauch Sicherheit und muss jetzt noch

ein wenig Kraft schöpfen, bevor es

weitergeht mit Horst, der ganze Stress,

den es gibt, das tut mir nicht gut und

es tut mir weh! Ja, mein Herz ist wund!

 

Erzähler

Nein, ich möchte nicht weiter auf die Streitereien eingehen, nur der Gerechtigkeit halber sollte Horst auch noch die Möglichkeit bekommen, sich dazu zu äußern, ich meine dazu, dass er schließlich doch eher wenig Zeit mit seiner Tochter verbrachte.

 

 

 

 

Horst

 

 

Ich bin für sie da, wann immer sie

mich braucht! Nur die Situation, die

ist halt schwierig. Ich bin sehr oft fort

und Anuschka tut ein bunter Ort

ohne Streit sehr gut, das weiß ich nun!

Gerlinde ist frei, sie kann doch tun,

was sie will, was immer ihr gefällt,

so wie ich. Ich bin ein Mann von Welt!

 

Erzähler

Jetzt haben Sie einiges aus der Kindheit von Anuschka erfahren und vermutlich ahnen Sie, dass möglicherweise noch etwas geschehen wird. Ich meine etwas, was dieser Geschichte eine Wendung geben wird. Etwas, womit Sie an dieser Stelle überhaupt nicht rechnen können, weil es eben unvorhersehbar war. Und es brachte wirklich alles, nein, ich möchte es von dem Tag an erzählen, an dem es passierte. Es war der zehnte Geburtstag von Anuschka.

 

 

 

 

 

 

 

 

Erzähler

 

 

Ja, das ist sie, aber hier hat sie noch nicht Geburtstag!

Erzähler

Und was an ihrem Geburtstag geschehen sollte, es gab ja auch eine Überraschung, das hat Anuschka ihrer Freundin ein paar Tage vorher so beschrieben:

Anuschka

 

Wir holen die Geburtstagstorte

vom Bäcker! Eine neue Sorte,

die hat Dolores für mich bestellt,

eine, die mir total gut gefällt,

mit Schokolade und mit Herzen

aus Marzipan, die sind rot, Kerzen

sind auch oben drauf, ist doch klar! Zehn

Stück, die muss ich auspusten. Dann gehn

wir nach Hause und ich packe die

Geschenke aus, wir essen Torte, sie,

ich meine Dolores, macht dann was

mit uns, eine Überraschung! Das

ist total spannend, echt, ich meine,

ich weiß nur, dass wir eine kleine

Reise oder eine Fahrt machen,

sie macht immer ganz tolle Sachen,

und du kommst schon zum Torte essen,

ja? Echt, das darfst du nicht vergessen!

Erzähler

Sind Sie jetzt ein wenig neugierig, was sich Dolores so besonderes für Anuschka überlegt hatte? Sie hat es Gerlinde natürlich gesagt, auf ihre Weise.

 

 

 

 

 

Dolores

 

 

Wir fahren ins Planetarium,

sie wünscht sich, was vom Universum,

also die Milchstraße und Sterne

zu sehen, sie möchte auch gerne

durch ein Riesenteleskop blicken

und Grüße in den Himmel schicken

 

 

Erzähler

Das war also die Überraschung. Aber als der Geburtstag gekommen war, musste zuerst die besondere Torte abgeholt werden und das Geburtstagskind war aufgeregt!

 

 

 

 

 

 

 

 

Anuschka

 

 

Da ist mein Lieblingsbäcker, ich kenn

ihn, der ist voll nett, ich glaub, ich renn´

 

 

Erzähler

Und während Anuschka beim Bäcker war, geschah es! Dolores wurde beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst! Nein, ich möchte nicht ins Detail gehen an dieser Stelle, denn ein Unfall ist immer eine schlimme Angelegenheit. Aber ich kann Ihnen versichern, dass der Krankenwagen schnell an Ort und Stelle war. Und als Anuschka an dem Unfallort angekommen war, da war Dolores schon im Krankenwagen. Aber der Notarzt, der stand noch auf der Straße und als er das Kind mit der Torte erblickte, sagte er etwas streng:

 

 

 

 

Notarzt mit etwas strenger Stimme

 

 

Geh schnell weiter, ein Unfall ist kein

 

schöner Ort, du solltest hier nicht sein!

 

 

Erzähler

Anuschka bemerkte gar nicht, dass ihr Tränen über die Wangen liefen, sie wollte doch nur wissen, was mit Dolores geschehen war.

 

 

 

 

Anuschka

 

Ich suche Dolores, was ist denn

 

passiert? Ich muss das wissen, ich kenn

 

sie, ist sie in dem Krankenwagen

 

da drin? Man! Du musst mir das sagen!

 

 

 

Erzähler

Doch der Notarzt war schon wieder im Krankenwagen verschwunden und auch die Sanitäterin hatte eigentlich keine Zeit, aber sie hatte Mitgefühl

 

 

 

 

 

 

Sanitäterin mit Mitgefühl

 

Geh jetzt nach Hause, Mädchen, so ein

 

Unfallort mit Blaulicht ist doch kein

 

schöner Anblick und auch kein Spielplatz

 

Tut mir ja leid für dich kleiner Fratz.

 

 

 

Erzähler

Die Sanitäterin verschwand im Krankenwagen und Anuschka blieb allein zurück. Nein, nicht ganz allein, denn es war auch noch eine Polizistin mit leichtem Kopfweh vor Ort. Das hatte sie allerdings schon vor dem Unfall gehabt.

 

 

ANUSCHKA

 

Wohin fährt denn der Krankenwagen?

 

 

 

Polizistin mit leichtem Kopfweh

 

Das kann ich dir leider nicht sagen.

 

 


Erzähler

Sie stand nun weinend da, sah dem wegfahrenden Krankenwagen hinterher und da beugte sich jemand zu ihr herunter, der zufällig den ganzen Unfall gesehen hatte. Es war Fred, der nette Straßenmusiker.

Fred, der nette Straßenmusiker

 

Das wird das Unfallkrankenhaus sein,

sah aus wie ein gebrochenes Bein

bei der Frau, es ging ihr noch ganz gut,

die kriegen das da hin! Nicht den Mut

verlier´n. Tschüss dann! Pass auf die Torte

auf, sieht gut aus, leckere Sorte!


Erzähler

Eigentlich meinte Fred, der nette Straßenmusiker, dass die kleine Anuschka nicht die Hoffnung verlieren sollte, aber der Anblick des Unfalls hatte auch ihn ein wenig erschüttert, sodass er für den Rest des Tages kein fröhliches Lied mehr singen mochte.

 

Und Anuschka? Ja, die beruhigte sich tatsächlich! Denn eines muss an dieser Stelle unbedingt gesagt werden: Sie war in den zehn Jahren ihres Lebens zu einem sehr selbstständigen Mädchen geworden und die Worte des Straßenmusikers bewirkten, dass sich diese durchaus verständliche Schocksituation, wie soll ich sagen, löste. Sie sah, dass sie noch immer ihre Geburtstagstorte Torte in ihren Händen hielt und dachte ...

 

 

 

 

 

 

Anuschka dachte

 

 

Die Torte hab ich fast vergessen!

Dolores will bestimmt was essen,

wenn sie in diesem Krankenhaus ist,

hoffentlich gibt’s da ne Gabel. Mist!

 

 

Erzähler

… und machte sich auf den Weg zum Unfallkrankenhaus.

Erzähler

Im Krankenhaus wurde ihr freundlich und hilfsbereit Auskunft gegeben, bis Anuschka tatsächlich an der richtigen Tür angekommen war. Hier musste sie klingeln und eine pflichtbewusste Krankenschwester öffnete.

 

 

Eine pflichtbewusste Krankenschwester

Na? Du willst doch nicht etwa hier rein?

 

Anuschka

Doch! Bitte! Dolores soll hier sein.

 

Eine pflichtbewusste Krankenschwester

Hier ist die Intensivstation!

 

Anuschka

Ja, ich muss zu ihr, ich weiß das schon!


 

 

 

 

Eine pflichtbewusste Krankenschwester

 

 

Kinder dürfen hier aber nicht rein,

 

das kann nämlich sehr gefährlich sein

 

für die kranken Menschen! Du kannst sie

 

anstecken, verstehst du? Viren, die

 

sind übertragbar und überall!

 

 

 

 

 

 

 

Anuschka

 

Ich bin gesund! Echt! Auf jeden Fall!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine pflichtbewusste Krankenschwester

 

 

Du musst jetzt gehen, es tut mir leid -

 

 

denn ich habe wirklich keine Zeit!

 

 


Erzähler

Ja, das hatte Anuschka sich anders vorgestellt, aber ich kann Ihnen an dieser Stelle verraten, dass sie sich nicht so einfach abwimmeln ließ, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Sie suchte sich also einen bequemen Platz und begann ein wenig von ihrer Geburtstagstorte zu probieren.

Dann sah sie, wie sich die Tür zur Intensivstation öffnete und die pflichtbewusste Krankenschwester sich von einer Kollegin in den Feierabend verabschiedete.

Anuschka nahm ihre Torte, ging wieder zu der Tür und klingelte noch einmal. Diesmal öffnete ihr ein lässiger Krankenpfleger.

Anuschka

 

Ich möchte zu Dolores ans Bett

 

 

Ein lässiger Krankenpfleger

 

Bist du mit ihr verwandt? Bist du nett?

 

 

Anuschka

 

Na klar, und ich hab diese Torte

 

 

Ein lässiger Krankenpfleger

 

Cooles Teil, mir fehlen die Worte

 

 


 

 

 

Anuschka

 

Ich geb dir auch ein Stück ab. Zwei? Drei!

 

 

Ein lässiger Krankenpfleger

 

Alles klar, komm rein, ich bin dabei!

 

 


Erzähler

So kam Anuschka tatsächlich bis an das Krankenbett von Dolores, die nach diesem Unfall noch ein wenig blass im Gesicht war! Aber ich kann Sie beruhigen, denn sie sollte nur zur Beobachtung für eine Nacht auf der Intensivstation bleiben. Die Ärzte waren noch etwas in Sorge über ihren Bewusstseinszustand und möglichen Folgen einer leichten Gehirnerschütterung. Anuschka lief also zu Dolores hin, die sofort versuchte, das erschrockene Mädchen zu beruhigen.

 

 

 

Dolores

 

Anuschka, was machst du hier bei mir?

Lauf jetzt schnell nach Hause, du brauchst dir

keine Sorgen um mich machen, denn

mir ist gar nichts passiert, glaub mir! Wenn

ich Hilfe brauche, dann kommt eine

Schwester. Du hast Geburtstag, deine

Überraschung, die bekommst du noch

in ein paar Tagen, versprochen! Doch

jetzt feier schön, mir geht es hier sehr

gut, ich hab auch keine Schmerzen mehr!

 

 

Dolores

 

Außerdem, das verrat ich dir, sitzt

mein Schutzengel hier und lacht verschmitzt

vor sich hin, passt auf mich auf und wacht

an meiner Seite, die ganze Nacht!

Ich seh ihn dort auf einem Stuhl am

Fußende, ganz still, etwas seltsam!

 


 

 

Anuschka

 

 

Echt? Aber wie geht es ihm denn jetzt?

 

Hat der sich beim Unfall auch verletzt?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dolores

 

Ein Engel kann sich nicht verletzen,

 

das liegt an himmlischen Gesetzen!

 

Erzähler

Nein, Anuschka konnte am Fußende von Dolores Bett überhaupt nichts sehen, nicht einmal einen Stuhl, aber sie war tatsächlich beruhigt und sie hatte ja immer noch Geburtstag und außerdem einiges erlebt, was sie jetzt unbedingt ihren Eltern und ihrer besten Freundin erzählen musste.

 

 

 

 

Anuschka dachte

 

Ich wusste ja nicht, dass sie einen

Schutzengel hat! Jetzt kann ich meinen

Geburtstag feiern, hurra, ein Glück,

ich lauf sofort nach Hause zurück!

 

Erzähler

Während Dolores eingeschlafen war, lief Anuschka also nach Hause zurück.

Erzähler

Zu Hause angekommen, erzählte Anuschka ihrer Mutter aufgeregt, was geschehen war und Gerlinde war sehr erschrocken und besorgt, als sie hörte, dass es einen Unfall gegeben hatte und Dolores nun im Krankenhaus lag. Ach, eines wissen Sie ja noch gar nicht, Anuschka ist in einer Zeit geboren, in der es noch keine Handys gab!

 

 

 

 

 

 

 

Gerlinde

 

Meine Güte, was für ein Schrecken

muss dir jetzt noch im Körper stecken!

Bin ich froh, dass dir nichts geschehen

ist, ich kann keine Wunde sehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Anuschka

 

Nein! Weil ich doch vorgelaufen bin

zum Bäcker, ich wollte da schnell hin

und ein Schutzengel ist mitgerannt!

Ja bestimmt! Er war an meiner Hand!

 

Erzähler

Nun, Gerlinde glaubte überhaupt nicht an so etwas wie Schutzengel. Aber sie war so erleichtert, dass ihrer Tochter nichts geschehen war, dass sie auf keinen Fall widersprechen wollte, schon gar nicht an ihrem Geburtstag. Sie behielt ihre Gedanken für sich.

 

 

 

Gerlinde dachte

 

 

Dolores glaubt an Schutzengel? Nein!

Die Träumerin, das darf nicht wahr sein!

Was hat der von Dolores gemacht,

wenn das Auto sie fast umgebracht

hätte? Wollte er sie bestrafen?

Wofür? Der muss doch fest geschlafen

haben! Dem würde ich sofort meine

Meinung sagen! Nur gibt es keine

Engel, die unser Leben schützen

oder sonst wie im Alltag nützen!

 

 

Erzähler

Und falls Sie wie Gerlinde zu den Menschen gehören, die nicht an Schutzengel glauben, klicken Sie hier.

Ich verstehe das! Es ist ein Dilemma. Wie soll man denn auch an etwas glauben, was man überhaupt nicht sehen kann!

Die Fortsetzung kommt.