Als Kind habe ich ein Mädchen bewundert, das allein in einer bunten Villa lebte, ein eigenes Pferd besaß und sogar einen Affen.
Es musste nicht zur Schule gehen, hatte einen Goldschatz und keine Angst vor Einbrechern. Es hatte viele schöne und lustige Ideen, es konnte leben, wie es wollte, es konnte sogar mit einem Fahrrad durch die Luft radeln.
Das konnte ich nie. Ich konnte aber mit meinem Fahrrad bei voller Fahrt scharfe Kurve nehmen, hinfliegen, mich mit dem Fahrrad verknoten und auf den Knien weiterrutschen.
„Pippi Langstrumpf“ ist ein Kinderbuch von Astrid Lindgren. Die Geschichte von einem starken Kind, das anders ist, das mutig und liebenswert ein sehr ungewöhnliches Leben führt.
Daran dachte ich Jahrzehnte später, als ich eine Verkehrsstraße an einer grünen Ampel zu Fuß überquerte. Aus der einfachen Erfahrung heraus, dass ich beim Laufen Dinge verliere, stolpere und niemals richtig schnell werde, nicht einmal, wenn ich Turnschuhe trage, ging ich langsam und gemächlich. Ich wurde natürlich überholt.
Eine Frau eilte in sehr hohen Schuhen leichtfüßig an mir vorüber und zu ihrem Auto auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich folgte ihr irritiert und beobachtete dabei die weiteren Vorgänge. Sie öffnete die Zentralverriegelung, warf zügig ihre Handtasche auf den Rücksitz, ließ sich hinter dem Steuer nieder, lenkte ihr Fahrzeug problemlos aus der Parklücke heraus und in den fließenden Verkehr hinein. Sie war im nächsten Moment verschwunden.
Ich starrte verblüfft auf den leeren Parkplatz und war zutiefst beeindruckt von dem, was ich gesehen hatte. Ich meine, wenn man bedenkt, dass dieser Frau an ihrem Körper beide Arme fehlten.
